Frauen erhalten 1/4 der Filmförderung

Die Regisseurin Mirjam Unger (hier bei den Dreharbeiten zur ORF-Serie "Vorstadtweiber") ist für eine "Quote auf Zeit", um die Entwicklung zu beschleunigen. Auch sie ist im Oktober aus dem Regieverband ausgetreten. Robert Newald / picturedesk.com

11.11.2021 um 17:34 Andrey Arnold

Der Frauenanteil im österreichischen Film steigt – aber er steigt langsam. Die teureren Produktionen sind besonders von Männern dominiert. Die Quote, die das ändern soll, ist schon beschlossen. Sie spaltet die Regiebranche.

„Braucht Film Quote?“ Am Donnerstag schienen sich im Wiener Filmquartier darüber alle einig zu sein. Das Österreichische Filminstitut, der größte Fördergeber im Film- und Serienbereich (nach dem ORF), und die Universität Innsbruck hatten zu einem „Branchen-Talk“ und zur Präsentation des neuen „Film Gender Report“ geladen. Dieser schlüsselt auf, wie viel Fördergeld von 2017 bis 2019 an Filmemacherinnen ging: nicht viel mehr als in den Jahren davor. Die heuer beschlossene Quote in der Filmförderung soll das ändern – doch so einstimmig, wie sie hier begrüßt wurde, wird die Sache in der Branche nicht gesehen.

1. Was sagen die Zahlen: Wie viel Fördergeld bekommen Filmemacherinnen?

Von den 150 Millionen Euro, die im untersuchten Zeitraum von elf verschiedenen Förderstellen vergeben wurden, landete ein Viertel bei Frauen (für die Berechnung gewertet wurde, wer bei einem Film Regie, Drehbuch und Produktion übernahm). Dabei zeigte sich: Je teurer eine Produktion, desto eher wurde sie von Männern gestemmt. In den niedrig dotierten Förderbereichen war der Frauenanteil tendenziell höher, auch beim Nachwuchsfilm: Hier gingen 35 Prozent der Gelder an Frauen. Besonders gering war der Frauenanteil bei TV-Serien (neun Prozent). Beim Kinofilm betrug der Frauen zugesprochene Förderanteil 27 Prozent. Im letzten Bericht (2012-2016) war er noch bei 24 Prozent gelegen.

2. Das heißt, es wird besser? Steigt der Frauenanteil im österreichischen Film?

Er steigt in fast allen Bereichen, aber in den meisten nur zögerlich. Auffällig ist, dass traditionell männlich besetzte Filmberufe in den Förderanträgen zuletzt deutlich häufiger von Frauen übernommen wurden: Der Anteil der Regisseurinnen stieg von 26 auf 33 Prozent, an der Kamera stieg der Frauenanteil von 12 auf 19, beim Drehbuch von 29 auf 36, bei der Produktion von 16 auf 26 Prozent. Das Filminstitut führt das auf eine konkrete Maßnahme zurück, das „Gender Incentive“: Dabei werden Produktionsfirmen, die in ausgewählten Bereichen genug Frauen beschäftigen, mit einem Bonus belohnt. Eine Quote soll nun dafür sorgen, dass von Frauen gedrehte Filme auch mehr Geld bekommen – und zwar 50 Prozent der Mittel bis 2024. Damit das fair bleibt, müssten Frauen bis dahin auch mehr Filme einreichen (derzeit entspricht der Frauenanteil bei den Zusagen in etwa jenem bei den Anträgen). Beim Filminstitut glaubt man, dass der Anreiz dafür nun gegeben ist.

3. Die Regiebranche ist gespalten. Hat das auch mit der Frauenquote zu tun?

Besagte Quote dürfte der zentrale Zankapfel sein, der im Oktober zu einem Schisma im Verband Filmregie Österreich geführt hat. Laut einem Statement hatte der Verband „rund 40 Austritte zu verzeichnen, mehrheitlich von Regisseurinnen“. Schon davor waren einzelne Filmemacherinnen und Filmemacher ausgestiegen. Ein Grund: Uneinigkeit darüber, ob die Quotenregelung in ihrer jetzigen Form zielführend und notwendig ist. Die Fronten verlaufen kompliziert. Einige der Ausgetretenen waren für die Quote (die ja auch vom Filminstitut beschlossen wurde), fühlten sich aber vom Verband nicht ausreichend vertreten. Sie stießen sich aber auch daran, dass der Vorstand des Verbands zuletzt David Schalko für den Aufsichtsrat des Filminstituts vorschlug. Davor saß dort die nun ausgestiegene Elisabeth Scharang.

Zudem schwelen schon lange (persönliche) Konflikte im Verband, die nicht nur mit der Quote zu tun haben. Ein von Ausgestiegenen verfasstes Manifest konstatiert eine „lange Geschichte an Ausgrenzung, Intransparenz und respektlosem Umgang nach innen“. Der jetzige Vorstand hat die Vorwürfe zurückgewiesen, aber Diskussionsbedarf anerkannt und zu einer klärenden Versammlung geladen. Mirjam Unger, selbst ausgestiegen, meinte zur „Presse“, dass sie vorhabe, hinzugehen. Es gebe aber keine „Parteilinie“ unter den Ausgestiegenen.

4. Drehen Frauen andere – oder diversere – Filme als Männer?

Der Bericht legt das nahe. Demnach hatten weiblich verantwortete Filme „differenziertere“ Figuren. Zwölf ausgewählte Kinofilme, von „Tom Turbo“ bis „Joy“, wurden auf „Inklusionskriterien“ (etwa „Altersdiversität“ oder „Thematisierung weiblicher Identität“) abgeklopft; die männlich verantworteten schnitten schlecht ab. Nach ähnlichen Kriterien werden auch die Anträge beim Filminstitut begutachtet. Dieses „Gender & Diversity-Lektorat“ ist für eine Förderung nicht bindend – aber in der Branche umstritten.

mirjam unger