Eröffnung Wiener Festwochen 2019
Ein Festakt wider die Angst
Frauenpower, engagierte Botschaften, eine hinreißende Show und Ansagen wider Hass und Angst: Die Wiener Festwochen 2019 sind eröffnet. Und laut Veranstaltern feierten 47.000 Menschen mit
Von Julia Schafferhofer | 23.45 Uhr, 10. Mai 2019Am Ende großes Kino, Wetterglück und ein Grande Finale: Alle Künstlerinnen und Künstler des Abends betreten die Bühne auf dem Wiener Rathausplatz und singen lauthals "Bella Ciao", den Sommerhit 2018 von El Profesor & DJ Hugel, der eine lange Geschichte als Lied der Arbeiter- und Antifaschismusbewegung hat.
Die Wiener Festwochen 2019, die ersten unter dem Neo-Intendanten Christophe Slamuygler, sind nun also eröffnet. Und dieser Auftaktreigen, der traditionell bei freiem Eintritt am Rathausplatz über die Bühne geht, ist stets auch ein Schaufenster in die österreichische Identität für ein Festival, das sonst in seinem Programm sozusagen die Welt nach Wien holt. Das Bild, das Freitagabend auf der Bühne zu sehen ist, ist vielfältig, bunt, höchst divers und vor allem ziemlich weiblich.Unter Regisseurin Mirjam Unger sind ein Großteil der auftretenden Acts Frauen. Neben den Lokalheldinnen Birgit Denk, Soap&Skin oder Clara Luzia wird der Begriff an diesem Abend weiter gedacht: Zu sehen und hören sind auch das Rapperduo EsRAP oder die Tschuschenkapellen-Legende Slavko Ninic.Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) gedachte in seinen Eingangsworten an 100 Jahre Frauenwahlrecht. Die Festwochen stünden "gegen jede Form von Ausgrenzung, Rassismus und Hass" Große Worte vor dem rot erleuchteten im Umbau befindlichen Wiener Rathaus, das aktuell zwei Silhouetten zeigt und eine ironische Kunstaktion des queeren Künstlerduos Ashley Hans Scheirl und Jakob Lena Knebl zu 100 Jahre SPÖ ist.
Ermächtigung, Emanzipation, Zusammenhalt, Solidarität und Humanismus: Es war ein Eröffnungsabend, der viele Bezüge zur Gegenwart herstellt. Birgit Denk erinnerte sich an die Worte ihrer Uroma: "Mädchen, die pfeifen, und Hähne, die Krähen, sollte man den Hals umdrehen." Und weil sich seit damals doch vieles geändert hat, pfiff sie dem Publikum live in Wien - die Veranstalter gehen am Tag danach von 47.000 Menschen aus - und den Zuschauern vor den Fernsehbildschirmen etwas. Einer der vielen Höhepunkte des Abends: als die Cellistin Marie Spaemann Neneh Cherrys Song "Woman" neu interpretiert. Auf den Visuals dahinter poppen die Namen von starken, mutigen Frauen wie Greta Thunberg, Hannah Arendt, Mira Lobe, Patti Smith, RuthBader Ginsburg, Rosa Luxemburg oder Pina Bausch.
Überhaupt waren die Visuals (Mirjam Unger und Gery Herlbauer) eine hinreißend zusammengestellte Hommage mit Retroelementen wie Brausefotos vom "Tröpferlbad" oder Textzeilen zum Mitsingen wie zu Gustavs Hymne "Die Hälfte des Himmels", performt von Birgit Denk, Jelena Poprzan, Katharina Straßer und Clara Luzia. Gewidmet war diese Performance dem "Kampf um die Gleichstellung nicht nur beider, sondern aller Geschlechter".
Und, kleine Anspielung, die Quotenmänner sind auch vertreten - etwa als das von Testosteron angetriebene Cheerleaderteam Fearleaders Vienna, die zu Katharina Straßers Performance zu "Ham kummst" (Seiler & Speer) oder "Rehab" (Amy Winehouse) für Lacher im Publikum sorgen.
Klare Kampfansage von Birgit Denk: "Eines ist klar: Wir haben viel erreicht, aber sicher keine Angst" und dann traten Pandora X Philisha Conditioner, Birgit Denk, Skero und Sibylle Kefer an, um mit dem Publikum die Mutmachparole "Keine Angst" von Hansi Lang zum Besten zu geben.